Internationaler Wettbewerb - Allgemeines

Dieser Wettbewerb spiegelt die aktuelle internationale Kurzfilmproduktion und versammelt eine Auswahl von Filmen aller Gattungen. Anders als bei vielen Kurzfilmfestivals sind hier sowohl Spielfilme als auch Dokumentarisches, Animiertes und Experimentelles nebeneinander zu sehen. Gerade die sorgfältige Mischung der Filmarten und -genres ist es, die den Internationalen Wettbewerb unseres Festivals so besonders macht. Da kann es passieren, dass eine experimentelle Welturaufführung aus Thailand neben einer Coming-out-Geschichte aus Polen landet oder dem jüngsten Gewinner von Locarno. Und genau diese Platzierung steuert allen Filmen einen spannenden Mehrwert bei. Weil sie Kontinente übergreifende Querverbindungen schafft, ästhetische Parallelen oder Gegenströmungen aufzeichnet.
34 Kurzfilme konkurrieren um den Hamburger Kurzfilmpreis (3000 Euro), der von einer dreiköpfigen Jury vergeben wird. Das Publikum kürt den besten Kurzfilm aus dem Internationalen und dem Deutschen Wettbewerb und prämiert diesen mit dem Publikumspreis, dotiert mit 1500 Euro.


Best of Internationaler Wettbewerb: Sonntag, 11. Juni | 20:00 Uhr | Zeise 1

Filmauswahl: Jan Feddersen, Theresa George, Birgit Glombitza, Steffen Goldkamp, Frank Scheuffele,
Hanna Schneider, Helena Wittmann

Mehr Infos zu den Programmen gibt es hier:

Internationaler Wettbewerb / Programm 1

Internationaler Wettbewerb / Programm 2

Internationaler Wettbewerb / Programm 3

Internationaler Wettbewerb / Programm 4

Internationaler Wettbewerb / Programm 5

Internationaler Wettbewerb / Programm 6

Internationaler Wettbewerb / Programm 7

Internationaler Wettbewerb / Programm 8

 

 

Internationaler Wettbewerb 2017 im Detail

Vatersuche im Blaxploitation-Look, Spoken Word aus La Réunion, labelbewusste Zukunftspläne im Straßengewusel von Inhambane, Mosambik, oder Slackersorgen in Marrakesch. Eskapistische Frauen, die vor ihren familialen Verrichtungen das Weite suchen in haitianischer Mystik. Oder Orfeu Negros in französischer Nacht und Wald. Schauspielende Zulu, die von einer Hauptrolle in einem Shakespeare-Stück träumen, bevor
sie eine weiße Horde Treckingsandalenträger durch ihr südafrikanisches Museumsdorf führen und mit einem Haufen folkloristischer Accessoires eine Tradition vorstellen, die es so vermutlich nie geben hat.

Der aktuelle Kurzfilm hat in diesem Jahr tatsächlich EIN Thema. Klar, deutlich und so konzentriert, dass das Wort ›Trend‹ dafür schnell zu klein wird. Die diesjährige Edition des Internationalen Wettbewerbs ist eindeutig eine des postkolonialen Kinos geworden. Politisches Statement, kulturelle Bestandsaufnahme und cineastische Rückeroberung der eigenen Geschichte zugleich. Die Filmschaffenden sind in ihre Herkunftsländer oder die ihrer Vorfahren ausgezogen und beginnen dort selbstbewusst mit der Ausformulierung einer eigenen filmischen Erzählung, Ästhetik und Identität. In kühnen Subjektiven blicken sie aus den ehemaligen ›Kolonien‹ zurück auf ihre ›Eroberer‹, bzw. auf deren geschichtsverklemmte und chronisch beschämte Nachfolge, auf ihre europäischen Ausdeuter und abendländischen Ethnologen. Diese aufregende cineastische Vorhut, die nichts
mit einer Eine-Welt-Verklitterung im Sinn hat, präsentiert sich in bewusst antiethnografischen Arbeiten als autonom Gestaltende eines neuen filmischen Selbstbildes.
 

Die Deutlichkeit und die Haltung, mit der dieses Kino auftritt, lässt keinen Zweifel an einer Epochenbildung aufkommen, die wir mit großer Spannung in den nächsten Jahren verfolgen können werden. Nach der aktuellen Avantgarde, die ihre Filmausbildung zumeist an den Hochschulen der alten Kolonialmächte absolvierte – was die große Zahl französischer und portugiesischer Produktionen in unserem diesjährigen Wettbewerb erklärt –, darf man schon jetzt auf die Folgegeneration gespannt sein. Wenn es gut läuft, wird die dann erstmalig von den afrikanischen, karibischen oder südamerikanischen Ländern selbst aus agieren. Eigene Ausbildungs-, Produktions- und Vertriebsstrukturen installieren und auf eigenen und internationalen Festivals sich selbst abbilden. Und es wäre schnurzdumm, wenn die Alten Welten sich von diesem Kino nicht inspirieren ließen.

Text Birgit Glombitza

Filmauswahl Axel Behrens, Jan Feddersen, Theresa George, Birgit Glombitza, Steffen Goldkamp,
Frank Scheuffele, Hanna Schneider, Helena Wittmann