Films of Fact

Im Februar 1927, gerade aus den USA wieder nach Großbritannien zurückgekehrt, fing John Grierson an, junge Filmemacher um sich zu versammeln und mit der von ihm begründeten britischen Dokumentarfilmbewegung Geschichte zu machen.

In den USA hatte er Kommunikationswissenschaften studiert und war, beeinflußt durch Walter Lippmanns Demokratiekritik, zu dem Schluß gekommen, daß die Menschen umfangreicher als bisher üblich über die Belange des Staates informiert werden müßten, sollte die Demokratie bestand haben. Grierson hatte Glück und fand unter dem Dach des Empire Marketing Boards (EMB) und später des General Post Offices (GPO) die benötigten Ressourcen.

Ein Grund für den großen Erfolg Griersons war seine Fähigkeit so viele unterschiedliche künstlerische Persönlichkeiten um sich zu versammeln: Alberto Cavalcanti war verantwortlich für die experimentelle Tongestaltung, Len Lye machte unter Grierson seine ersten genialen Animationsfilme und der junge Benjamin Britten, der wohl berühmteste englische Komponist dieses Jahrhunderts, steuerte die Filmmusik zu vielen GPO-Produktionen bei. Nicht zu vergessen Harry Watt und Basil Wright, als die maßgeblichen Regisseure in Griersons Team.

Bis zum Beginn des 2. Weltkriegs produzierten die sogenannten Filmrealisten im Auftrag von kommerziellen Unternehmen, aber gleichzeitig auch immer mit dem Selbstverständnis eines gesellschaftlichen Auftrages ihre Dokumentarfilme: So konnten Arthur Elton und Edgar Anstey die British Commercial Gas Association überzeugen, ihren Film »Housing Problems« über die Londoner Slums zu finanzieren, mit der Argumentation, daß die gezeigten Menschen, wenn Sie aus den Slums auszögen, auch potentielle Kunden wären. Insgesamt reicht die filmische Bandbreite von abstrakten Animationsfilmen über experimentelle Dokumentarfilme bis zu den ersten Interview-Filmen: »Die Kamera gehört dir. Das Mikrofon gehört dir. Nun erzähl’ den Scheißkerlen genau wie es ist im Slum zu leben.« (Ruby Grierson)

Dem gegenüber steht in dieser Retrospektive das Werk des amerikanischen Ehepaars Charles und Ray Eames, die beide zusammen von 1950 bis 1978 über 100 Kurzfilme und multimediale Präsentationen produzierten, den meisten jedoch als Designer und Architekten bekannt sein dürften. Ihre wesentlichen Auftraggeber waren vor allem IBM und die US-Regierung, für die die Eames Lehr- und Dokumentarfilme und Ausstellungskonzepte erstellten. Und ebenso wie die britischen Realisten durchbrechen sie den Rahmen herkömmlicher Auftragsarbeiten: In ihrem Werk erforschen sie die Ästhetik des Alltags, ihre Filme sind gekennzeichnet vom Anspruch, Menschen an Wissenschaft heranzuführen. Dabei umfaßt ihr Filmwerk nahezu alle Genres und das gesamte Spektrum der filmischen Möglichkeiten. »They’re not experimental films, they’re not really films. They’re just attempts to get across an idea.« (Charles Eames)


LOOK AT BRITAIN 1

Lichtmeß: Sonntag, 11. Juni 2000, 22.30 Uhr
Zeise 1: Donnerstag, 15. Juni 2000, 22.30 Uhr

1. Industrial Britain
John Grierson, Robert J. Flaherty, Großbritannien 1931-1933, 22'00 Min., 16 mm, s/w, engl. OF, Dokumentarfilm
2. Coalface
Alberto Cavalcanti, Großbritannien 1935, 11'30 Min., 16 mm, s/w, engl. OF, Dokumentarfilm
3. North Sea
Harry Watt, Großbritannien 1938, 32'00 Min., 16 mm, s/w, engl. OF, Dokudrama
4. Trade Tattoo
Len Lye, Großbritannien 1937, 6'00 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Animationsfilm
5. Shipyard
Paul Rotha, Großbritannien 1935, 25'00 Min., 35 mm, s/w, Dokumentarfilm
6. Housing Problems
Arthur Elton, Edgar Anstey, Großbritannien 1935, 15'00 Min., 35 mm, s/w, engl. OF, Dokumentarfilm


LOOK AT BRITAIN 2

Metropolis: Donnersatg, 15. Juni 2000, 20.00 Uhr
Zeise 3: Samstag, 17. Juni 2000, 17.30 Uhr

1. Nightmail
Harry Watt, Großbritannien 1936, 24'00 Min., s/w, 35/16 mm, Dokumentarfilm
2. Spare Time
Humphrey Jennings, Großbritannien 1939, 14'00/18'00 Min., s/w, 35/16 mm., Dokumentarfilm
3. Pett and Pott
Alberto Cavalcanti, Großbritannien 1934, 33'00 Min., s/w, 35 mm., Kurzspielfilm
4. Rainbow Dance
Len Lye, Großbritannien 1936, 4'00 Min., Farbe (Gasparcolor), 35/16 mm., Animationsfilm
5. Enough to Eat - The Nutrition Film
Edgar Anstey, Großbritannien 1936, 22'00 Min., s/w, 35/16 mm., Dokumentarfilm
6. N. or N.W.
Len Lye, Großbritannien 1937, 8'00 Min., s/w, 16/35 mm., Kurzspielfilm


LOOK AT BRITAIN SONDERPROGRAMM

Zeise 2:
Montag, 12. Juni 2000, 17.30 Uhr
Dienstag, 13. Juni 2000, 20.00 Uhr

1. The Song of Ceylon
Basil Wright, Großbritannien 1935, 40'00, s/w, 16 mm., Dokumentarfilm
2. Diary for Timothy
Humphrey Jennings, Großbritannien 1945, 39'00 min., s/w, 16 mm, Dokumentarfilm



GLIMPSES OF THE USA 1

Zeise 2
Sonntag, 11 Juni 2000, 20.00 Uhr
Mittwoch, 14. Juni 2000, 20.00 Uhr

1. Powers of Ten
Charles und Ray Eames, USA 1977, 8'47 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Wissenschaftsfilm
2. A Communications Primer
Charles und Ray Eames, USA 1953, 22'30 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Wissenschaftsfilm
3. The Fabulous Fifties: Comics of the Fifties; Dead of the Fifties
Charles und Ray Eames, USA 1960, 3'30 Min & 4'40 Min., 16 mm, s/w, engl. OF, Fernsehdokumentation
4. View from the People Wall
Charles und Ray Eames, USA 1966, 13'00 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Splitscreenfilm
5. Alpha
Charles und Ray Eames, USA 1972, 1'16 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Lehrfilm/Mathematikstudie
6. Kaleidoscope Jazz Chair
Charles und Ray Eames, USA 1960, 6'28 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Experimentalfilm
7. SX-70
Charles und Ray Eames, USA 1972, 10'47 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Industriefilm
8. Parade, or Here They Come Down Our Street
Charles und Ray Eames, USA 1952, 5'33 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Spielzeugstudie
9. Goods
Charles und Ray Eames, USA 1981, 6'25 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Splitscreenfilm

Kurzbiographie:
Charles Eames (1907–1978) und Ray Eames (geb. Bernice Alexandra Kaiser, 1912-1988) heirateten 1941 und gründen im selben Jahr in Kalifornien ihr Designstudio. Ihre ersten Arbeiten sind Möbel sowie Tragbahren und Beinschienen, die sie aus gepresstem Sperrholz für die Amerikanische Marine herstellen. In den Jahren nach dem Krieg arbeiten die Eames vor allem als Architekten und Möbeldesigner (z.B. Lounge Chair und Ottoman). 1950 drehen sie in ihrer Freizeit mit einer geliehen 16mm Filmkamera ihren ersten Film "Travelling Boy". 1957 produziert das Eames Office seinen ersten Film für IBM, der einer ihrer größten Auftraggeber wird und für den das Eames Office zahlreiche Kommunikationskonzepte und Ausstellungen realisieren wird. Das Eames Office und ihr umfangreiches Archiv werden nach Rays Tod aufgelöst und sind jetzt Bestandteil des Library of Congress/Washington, D.C.

Werksverzeichnis:
John Neuhart/Marilyn Neuhart/Ray Eames: Eames design – The Work of the Office of Charles and Ray Eames. Harry N. Abrams Inc., New York, 1989. ISBN 3 433 02296 8.

Informationen:
www.eamesoffice.com
www.powersof10.com

GLIMPSES OF THE USA 2

Metropolis
Montag, 12. Juni 2000, 20.00 Uhr
Lichtmeß
Freitag, 16. Juni 2000, 22.30 Uhr

1. Design Q & A
Charles und Ray Eames, USA 1972, 5'00 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Fotofilm
2. Something About Photography
Charles und Ray Eames, USA 1976, 8'32 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Photographiestudie
3. De Gaulle Sketch
Charles und Ray Eames, USA 1958, 2'00 Min., 16 mm, s/w, ohne Dialog, Entwurf für eine Fernsehdokumentation
4. Atlas: A Sketch of the Rise and Fall of the Roman Empire
Charles und Ray Eames, USA 1976, 2'30 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Animationsfilm
5. Tops
Charles und Ray Eames, USA 1969, 7'15 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Filmstudie
6. The Expanding Airport
Charles und Ray Eames, USA 1958, 9'25 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Animationsfilm
7. IBM Mathematica Peep Shows
Eratosthenes, Something about Functions, Symmetry, Topology, 2n: A Story of
the Power of Numbers
Charles und Ray Eames, USA 1961, 2'38, 2'11, 2'39, 1'59 & 2'07 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Wissenschaftsfilme
8. Glimpses of the USA (Rekonstruktion)
Charles und Ray Eames, USA 1959, 12'15 Min., 35 mm, Farbe, engl. OF, Splitscreenpräsentation
9. A Computer Glossary or, Coming to Termy with the Data Processing Machine
Charles und Ray Eames, USA 1968, 9'08 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, Industriefilm
10. The Fiberglass Chairs: Something of How They Get the Way They Are
Charles und Ray Eames, USA 1970, 8'38 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Industriefilm





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