Selbstportraits

Titel wie »Die Statik der Eselsbrücken«, »Why?«, »Tsumi« oder »Heads« geben noch nichts preis, doch bei allen hier gezeigten Filmen steht das ICH klar im Vorgrund.

Und so war ein erster Arbeitstitel »Selbstgeschriebene, selbstgefilmte und selbstgespielte Selbstportraits«, nur kann ja kein Mensch diesen Zungenbrecher locker über die Lippen bringen. Trotzdem ist es Programm bei der Auswahl der hier vorgestellten Filme. O.K., die Musik, der Schnitt oder natürlich weitere Nebendarsteller dürfen von anderen Personen als diesem ICH des Filmemachers gestellt sein, aber die dem Tagebuch oder dem Selbstportrait im Film entsprechenden Hauptfunktionen, Idee, Buch, Kamera und Hauptdarsteller sollen von ein und derselben Person besetzt sein.

Seit Menschengedenken schufen Künstler ihre Werke nach dem Abbild des Menschen - auch ihre Götter. Doch erst mit der Renaissance bekam das ICH im Bewusstsein von Malern und Bildhauern die Bedeutung, die wir ihm heute ganz selbstverständlich geben und das Selbstportrait wurde bald fester Bestandteil der Kulturgeschichte.
Dass der Mensch vor allem mit sich selbst beschäftigt ist, liegt in der Natur der Sache - wie Künstler sich selbst sehen und darstellen spiegelt aber immer auch ihre Zeit und damit die Ausdrucksformen, Mittel und Techniken, die ihnen in ihrer Epoche zur Verfügung stehen. Apropos Spiegel: Überhaupt erst nach der Erfindung des Spiegels – oder polierten, reflektierenden Oberflächen – konnten Menschen sich selbst zeichnen oder malen. Wobei es nicht immer ganz so einfach ist, sich selbst mit Hilfe des nicht nur die Seiten vertauschenden Spiegels auch noch in ein größeres Ganzes, zum Beispiel in ein Altarbildnis, oder ein Historiengemälde einzumontieren.

Das erfordert schon eine Menge Übung und Können und trotzdem sind die Ergebnisse oft nicht ohne eine gewisse Komik. All das änderte sich grundlegend mit der Erfindung der Photographie und des Selbstauslösers! Eine wahre Flut von Selbstportraits ist die Folge, wobei sich bald herausstellt, dass gerade in der von der Technik geförderten Einfachheit auch die Schwierigkeit gleich mit enthalten ist: Jetzt muss man vorher an den Bildaufbau, das Licht, die Schminke und vieles andere denken. Und beim Film ist es nicht ohne einen Mehraufwand an Technik getan.

Wie? – Das demonstrieren die hier vorgestellten Kurzfilme auf unterschiedlichste Art und Weise. Allen gemeinsam ist, dass sie das Mittel des Selbstportraits auf eine künstlerisch höhere Stufe heben, um über alltägliche Motive der Selbstdarstellung, wie Selbstverliebtheit, Exhibitionismus oder Selbsttherapie hinaus, echte Kunstwerke zu werden.



ME, MYSELF & I 1

Montag, 10. Juni 2002, 20:00 Uhr, Metropolis
Mittwoch, 12. Juni 2002, 22:30 Uhr, Zeise 2

1. Die Statik der Eselsbrücken
Michael Brynntrup, Deutschland 1990, 21’00 Min., 16 mm, s/w, OF, Experimentalfilm
2. Vitalx: Kissing Project
Yoshie Suzuki, USA, 1999, 8’00 Min., Mini DV NTSC, Farbe, OF, Dolby Stereo, experimenteller Dokumentarfilm
3. I must be beautiful too
Hester Scheurwater, Niederlande 2000, 3’30 Min., Betacam SP, Farbe, ohne Dialog, Experimentalfilm
4. Hautnah
Thorsten Fleisch, Deutschland 2002, 7’30 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Experimentalfilm
5. Contemporary Artist
Ximena Cuevas, Mexiko 1999, 5’00 Min., VHS NTSC, s/w, engl. OF, Mono, inszenierter Dokumentarfilm
6. Take me Home
Matt Hulse, England 1997, 6’30 Min., 16 mm, s/w, ohne Dialog, Experimentalfilm
7. Maria Lassnig Kantate
Maria Hubert, Österreich 1992, 7’30 Min., 35 mm, Farbe, OF, Animationsfilm
8. Tsumi
Pascal Baes, Belgien 1998, 12’00 Min., U-matic LB PAL, Farbe, ohne Dialog, experimenteller Dokumentarfilm
9. A Short Affair (and) Going Crazy
Anne Charlotte Robertson, USA 1996, 24’00 Min., VHS, Farbe, OF, Dokumentarfilm
10. Tag ein Tag aus
Ulrich Sappok, Deutschland, 4’00 Min., Super 8, s/w, OF, kommentierter Dokumentarfilm


ME, MYSELF & I 2

Dienstag, 11. Juni 2002, 17:30 Uhr, Metropolis
Freitag, 14. Juni 2002, 22:30 Uhr, Lichtmess

1. Wie ich ein Höhlenmaler wurde
Jan Peters, Deutschland 2001, 20’00 Min., 16 mm, Farbe, OF m. engl. UT, Lichtton, Experimentalfilm
2. L’outil n‘est pas toujours un Marteau
Sylvie Lalibertè, Kanada 1999, 9’40 Min., Betacam SP, Farbe, französische OF m. engl. UT, Dolby Stereo, Experimentalfilm
3. Heads
Andrew Barranca, USA 2000, 9’30 Min., Super 8, s/w, ohne Dialog, Stereo, VHS NTSC, Experimentalfilm
4. Helgoland
Karin Westerlund, Dänemark 2000, 12’00 Min., 35 mm, Farbe, ohne Dialog, Dolby SR, Dokumentarfilm
5. Mit mir
Kerstin Cmelka, Deutschland/Österreich 2000, 2’50 Min., 16 mm, Farbe, ohne Dialog, Experimentalfilm
6. Why?
Carol Halstead, Kanada 1995, 12’30 Min., 16 mm, Farbe, engl. OF, experimenteller Animationsfilm
7. Wawawa.Barcelon
Laurent Vicente, Frankreich 2001, 3’20 Min., VHS, Farbe, französische OF m. engl. UT, Mono, Experimentalfilm
8. Sakotsu-No-Shita-No (Lover below my Collar Bone)
Ryôko Aramaki, Japan 1999, 22’00 Min., 16 mm, Farbe, OF, Dokumentarfilm
9. Selfportrait Post Mortem
Louise Bourque, Kanada 2002, 2’40 Min., 35 mm, Farbe, Experimentalfilm




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