There is no movement – Now!

There is no movement – Now!
Zensur. Wie geht Filmemachen in Russland, wenn der Staat versucht, alles zu kontrollieren? Was für Filme entstehen in einem Land ohne Grundrecht auf Meinungsfreiheit? Steckt das russische Kino an einem neuen Tiefpunkt der künstlerischen Möglichkeiten, der dazu zwingt, andere Wege einzuschlagen? Diesen Fragen geht Kurator Vladimir Nadein, Gründer des Moscow International Experimental Film Festivals (MIEFF) in zwei Filmprogrammen nach.

Das Programm ›Farewell Avant-garde‹ betrachtet die sowjetische Underground-Filmbewegung der 80er Jahre, die sich aus der Epoche der Stagnation und der strengen bürokratischen Zensur herauszuarbeiten versuchte. Unter denkbar schlechten Produktionsbedingungen entstanden experimentelle, avantgardistische, politische und provokante Filme. Die Perestroika änderte die Wahrnehmung des »Parallel Cinema« und des »Nekrorealismus«: Anstelle von privaten, geheimen Filmvorführungen wurden die Filme international auf Festivals gezeigt, 1990 auch in Hamburg, und den Filmemacher*innen die Tür zur staatlichen Filmbranche geöffnet.

›Shift‹ gibt einen Einblick in das zeitgenössische Filmschaffen knapp 30 Jahre nach »Parallel Cinema« und »Nekrorealismus«. Russisches experimentelles Kino ist quasi nicht existent, und Videokunst gibt es nur im Galeriekontext. Wo bleibt das neue russische Kino? Wie könnte Indiefilm und Videokunst in Russland aussehen? Was sind es für Filme?


Kuratiert von Vladimir Nadein.

Filmprogramm 1: Farewell Avant-garde

Mittwoch, 5. Juni | 19 Uhr | Metropolis
Samstag, 8. Juni | 18 Uhr | Lichtmeß
Filmprogramm 2: Shift
Mittwoch, 5. Juni | 21 Uhr | Metropolis
Freitag, 7. Juni | 21.45 Uhr | Lichtmeß

FORUM: Cut it out! Von Avantgarden und Zensur
Vor 70 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft – die Basis unseres Staates und des demokratischen Miteinanders. Neben den Grundwerten, der Unantastbarkeit der Menschenwürde, schreibt Artikel 5 die Zensurfreiheit fest: »Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern […] Eine Zensur findet nicht statt.« Blicken wir in andere Länder, lässt sich beobachten, dass Zensur zunehmend auch in solchen Staaten als (kultur)politisches Instrument eingesetzt wird, die sich als demokratisch bezeichnen. Angesichts immenser politischer und sozialer, technologischer und ökologischer Herausforderungen scheint Redefreiheit in den Augen vieler Menschen zu einem verzichtbaren Gut zu werden. Demokratie muss jeden Tag erstritten werden!

Wir wollen darüber in unserem Forum sprechen: Mit Dr. Wolf Iro, dem Leiter des Goethe Instituts Tel Aviv, zuvor Leiter der regionalen Programmarbeit des Goethe-Instituts Moskau. Er ist der Initiator des Filmprojekts »Cut it out«. Dem chinesischen Filmemacher Popo Fan, Künstler im Berliner Exil sowie dem Kurator der Filmprogramme »There is no movement – Now!«, Vladimir Nadein, Direktor des Moscow International Experimental Film Festival.

Begleitet wird das Gespräch von Filmen des Projekts »Cut it out – Filme gegen Zensur« des Goethe Instituts. Namhafte Regisseure aus 20 Ländern erstellten Kurzfilme gegen Zensur, die jeweils maximal 45 Sekunden lang sind. Die Filme setzen ein sichtbares Zeichen der Solidarität mit den Menschen in all jenen Ländern, in denen die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist. Sie wollen auf die Gefahr von Zensur aufmerksam machen, die auch liberale Gesellschaften bedroht.

Popo Fan (geb. 1985) ist ein chinesischer queerer Filmemacher, Aktivist und Schriftsteller. Seine frühen aktivistischen Dokumentarfilme über LGBTI+ Familien lösten eine nationale Debatte in China aus. Er organisierte für über ein Jahrzehnt das Queer Film Festival Peking und gründete das Queer University Video Training Camp in China. Er lebt zurzeit in Berlin und arbeitet an seinem Debüt-Langfilm. Bei der Berlinale 2019 war er Jurymitglied des Teddy Preises.

Wolf Iro (geb. 1970) studierte Vergleichende Literaturwissenschaften in Cambridge und Slawistik in Oxford und Moskau. Seine Promotion legte er an der LMU München über den russisch-jüdischen Schriftsteller Isaak Babel ab. Seit 2004 arbeitet er beim Goethe-Institut, von 2009 bis Anfang 2014 als Leiter der regionalen Programmarbeit in Moskau und seitdem als Institutsleiter in Israel.

Vladimir Nadein (geb. 1993) arbeitet als Produzent, Filmkurator und Schauspieler und lebt in Moskau. Er studierte Regie am Gerassimow-Institut für Kinematographie in Moskau und schloss 2013 sein Schauspielstudium an der Moskauer Kunsttheaterschule ab. Vladimir Nadein ist Mitbegründer des 2016 in Leben gerufenen Internationalen Experimentalfilmfestivals Moskau. Der von ihm produzierte Film »Arrival« feierte kürzlich seine Premiere bei den 65. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen.

 

FORUM: Cut it out! Von Avantgarden und Zensur
Freitag, 7. Juni | 19:00 Uhr  | Festivalzentrum Post